Handgefertigter Barockfußboden im Cavazzen in Lindau
Bodenfliesen aus gebranntem Lehm in seltener Farbe und Ausführung
33 Millionen Euro sind in dieses Groß- und Langzeitprojekt geflossen: Die aufwendige Sanierung des Cavazzen im bayerischen Lindau. Auch wir wurden gebeten, unseren bescheidenen, aber nicht unwichtigen Beitrag zur Sanierung des schönsten Hauses am Bodensee, in dem unter anderem das Stadtmuseum untergebracht ist, zu leisten.
Der zerstörte Barock-Fußboden aus dem frühen 18. Jahrhundert, der aus wunderschönen, satten Tonplatten-Einzelstücken mit exemplarischen Farbverläufen ein einzigartiges Gesamtbild ergab, musste in seiner ursprünglichen Intention und Qualität sowie dem Ausgangsmaterial in traditioneller Handarbeit repliziert werden.
Cavazzen – Der wunderschöne Barockbau erstrahlt nach einer Dekade in neuem Glanz.
Die Geschichte des Hauses zum Cavazzen
Wiedereröffnung des Lindauer Stadtmuseums nach zehn Jahren Planung und Sanierung
Das Haus am Cavazzen wurde nach dem großen Brand auf der Lindauer Insel 1728 in den beiden Folgejahren errichtet. Direkt am Marktplatz ließ der Schweizer Architekt Jakob Grubenmann für die reiche Kaufmannsfamilie Seutter von Loetzen das imposante Stadtpalais – den Inbegriff von Adelsimitat – errichten.
Einhundert Jahre später stiftete der Besitzer Ludwig Kick das Haus der Stadt Lindau, um in dem Gebäude ein Heimatmuseum einzurichten. In Dauerausstellung besticht es vor allem mit regionalen Exponaten aus der frühen Neuzeit.
Daneben gibt regelmäßig Sonderausstellungen, die begeistern angenommen werden. So lockte zum Beispiel im Jahre 2012 die herausragende Marc-Chagall-Schau mit Aquarellen und Ölgemälden des französisch-russischen Surrealisten und Expressionisten innerhalb weniger Monate mehr als 75.000 Besucher an.
Wir haben für den Cavazzen Ton-Platten aus dem 18. Jahrhundert reproduziert.
Der visionäre und imposante Cavazzen
Verbessert erstrahlt das schönste Gebäude Lindaus wieder im alten Glanz
Neben dem mächtigen Mansarddach fällt die reich dekorierte Schaufassade des elf Meter hohen Bodensee-Gebäudes schon von Weitem ins Auge. Das Innere wiederum besticht mit großzügigen Raumfluchten und weitläufigen Treppen.

Das Lindauer Stadtmuseum im Cavazzen ist nach zehn Jahren wieder geöffnet.

Der rekonstruierte Fußboden mit wenigen Originalen und unseren handgefertigten Replikaten.
Die Baumeister des frühen 18. Jahrhunderts erwiesen sich mit ihren ungewöhnlichen Lösungen als zukunftsweisende Visionäre, da sie zum Beispiel die Deckenbalken freischwebend über den Raum spannten. Auch bei den Bodenbelägen wurde auf höchste Handwerkskunst und edelste Materialien gesetzt.
Prächtiges Gebäude mit edelstem Fußboden
Höhepunkt des Fliesen-Handwerks und des Fortschritts
Genau wie dieser Prachtbau in seiner Gesamtheit durch jedes einzelne Detail, ob Dach, Fassade oder Innenraumgestaltung, zu glänzen vermochte, verkörpern natürlich auch die verschiedenen Fußböden mit ihren Belägen den allerhöchsten Anspruch an Qualität und Zeitgeist.
Handgefertigte, hartgebrannte Bodenplatten aus verschiedenfarbigen Tonen in reinster Qualität, jede einzelne so außergewöhnlich wie ein Fingerabdruck und im Zusammenspiel mit beispielhafter Raumwirkung.
Reste des alten Fußbodens, die es galt nachzugestalten: Jede Platte ein Unikat.
Dass hier das allerhöchste Niveau des ausklingenden Barock – im Prinzip der Zenit der Lehmfliesen-Kunst – präsentiert wurde, war ein schöne Herausforderung.
Für uns galt es zu allererst, den (verwendbaren) Bestand, das Ausgangsmaterial, seine Verarbeitung und Verteilung im Raum zu analysieren.
Die mächtigen Original-Tonplatten waren verschiedenfarbig mit unterschiedlichen Verläufen.
In einem nächsten Schritt mussten neben der Farbe und seiner Musterung auch Form und Größe bestimmt werden, bevor wir uns in ersten Test-Brennungen bei verschiedenen Temperaturen und unterschiedlicher Dauer den Vorgaben der Originale nähern konnten.

Die fertige, feuchte, von uns replizierte Tonmischung – bereit um im handgefertigen Rahmen mit den Original-Maßen geformt zu werden.

Trockener Ton in zwei Farben vor dem Mahlen, Mischen, Wässern und Ausmagern, bevor daraus die Fliesenrohlinge im handgefertigten Rahmen geformt werden.
All dies geschah natürlich in ständiger Abstimmung mit den Verantwortlichen vor Ort – jeder einzelne Schritt wurde minutiös abgesprochen. Nachdem sich alle Beteiligten auf die endgültige Form der Neufassung des Original-Bodens geeinigt hatten, konnte die Produktion beginnen.
Neugestaltung eines handgefertigten Fliesenfußbodens aus dem 18. Jahrhundert
Vollendete Handwerkskunst auf ihrem Zenit – unsere Neufassung
Wer genau den Fußboden im Cavazzen konzipiert und hergestellt hatte, ließ sich nach knapp 300 Jahren nicht mehr genau ermitteln. Uns blieb an dieser Stelle nur, die wenigen Einzelstücke zu analysieren und zu versuchen, die bewusst zufällig intendierten Farbverläufe nachzugestalten. Das hieß, viel Spiel mit unterschiedlichen Tonsorten sowie Brenntemperaturen und -zeiten.

Der Brand bei hohen Temperaturen macht die Platten/Fliesen stabil und bruchsicher. Zugleich entscheidet er über die endgültige Farbe.
Wir fanden Lehmfliesen mit hohem Tonanteil in verschiedenen Grudfarben vor, geprägt von höchster handwerklicher und künstlerischer Qualität, jede einzelne in mühevoller Handarbeit gefertigt.

Erste Reproduktionen für das Stadtmuseum Lindau, das im Haus zum Cavazzen untergebracht ist. Die Originale sind fast 300 Jahre alt.

300 Jahre alte Ton-Fliesen sehr nah am Original zu reproduzieren braucht jahrzehntelange Erfahrung und Sachkenntnis.

Testbrennungen, die sich nur teilweise im neugefassten Boden im Cavazzen wiedergefunden haben.

Das fertige, handgeformte Replikat in Seitenansicht – entstanden nach wochenlangen Versuchen und Tests.
Das Stadtmuseum Lindau erstrahlt wieder in altem Glanz
Die mühevolle Restaurierung des Fußbodens komplettiert das wunderschöne Gesamtbild
Die umfassende Grund-Sanierung des Cavazzen bei größtmöglicher Bewahrung der historischen Bausubstanz und gleichzeitiger Hebung auf zeitgemäßen baulichen Standard bildet die feste und edle Grundlage, um diesem barocken Juwel am Bodensee seine wahre Bedeutung zurückgegeben und eine angemessene Nutzung in unseren Tagen zu garantieren.
Mit der vollständigen Wiederherstellung des Fußbodens kann nun auch jeder die 300-jährige Geschichte dieses exemplarischen Hauses atmen, fühlen und mit den Händen greifen. Wir haben unseren Beitrag im Sinne der Erbauer geleistet.

Die frisch-gebrannten Replikate haben Einschlüsse und einen einzigartigen Farbverlauf.

Replikate aus gebranntem Lehm, die die ursprüngliche Intention der Originale nachempfinden.

Handwerkskunst auf ihrem Zenit – Die frisch-gebrannten Replikate sind einzigartig.

Der neugefasste Boden besteht aus Dutzenden von Unikaten, die ihresgleichen suchen..
Cavazzen: Die berühmteste und schönste Sehenswürdigkeit in Lindau am Bodensee. Früher als Stadtpalais genutzt, ist hier seit knapp 100 Jahren das Stadtmuseum mit vielen regionalen Exponaten untergebracht. Zugleich begeistert der Cavazzen auch mit ambitionierten Sonderausstellungen, die regelmäßig Zehntausende von Besuchern anlocken.
Aufgabenstellung: Restaurierung des Original-Tonfliesenbodens aus dem frühen 18. Jahrhundert
Arbeitsschritte: Bestandsaufnahme, Recherche, Gutachten, Planung, Herstellung von Replikaten, Rekonstruktion des Baroackfußbodens aus wenigen noch erhalten Original-Fliesen und vielen Replikaten
Fläche und Material: 30 m² Fliesen aus barock-bayerischer Lehmmischung (Spezialbrand)
Dauer: 10 Jahre Planung, Sanierung und Umbau für Gesamtprojekt, Fliesen sieben Monate für Bestandsaufnahme, Gutachten, Planung, Herstellung und Restaurierung des neuen Fußbodens für das Stadtpalais
IPROconsult GmbH, Architekten Heilemann & Klingenbeil, Ingeneurbüro Florian Weber, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
Publikationen: BR